Jahrgangsmischung
… das sagen wir Kinder …
"Als ich in der zweiten Klasse war und sah, was die Erstklässler machten, kamen Erinnerungen zurück. Als ich noch in der dritten Klasse war, haben die Viertklässler mich mit einbezogen, das fand ich gut. Jetzt, als Viertklässler, kann ich den Drittklässlern helfen, wenn sie was nicht wissen, das war bei uns ja auch so". (Robin)
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Im Schuljahr 2011/12 setzte sich das Kollegium ein ganzes Schuljahr hindurch mit den Chancen und Grenzen der Jahrgangsmischung auf theoretischer und schulpraktischer Ebene durch vielfältige Hospitationen auseinander und entwickelte ein pädagogisch motoviertes Konzept für die Grundschule Schwebenried. Die Jahrgangsmischung aus demografischen Gründen (Schülerrückgang) war zu keinem Zeitpunkt bislang notwendig, so dass diese Veränderung der Jahrgangsorganisation in nun jahrgangsübergreifenden Organisationseinheiten bzw. Klassen aufgrund der pädagogischen Vorteile im Vordergrund stand. In der Folge wurde auch eine Mischung für die Jahrgangsstufen 3 und 4 mitgedacht, da die Chancen pädagogisch nicht wie vielerorts auf den Schulanfang reduziert sein sollten. In mehreren Elternabenden wurde die Umstrukturierung, auch durch externe Referenten, mit den Eltern diskutiert.
Zum Schuljahr 2012/2013 startete die Grundschule Schwebenried mit ausschließlich jahrgangsgemischten Gruppen in 3 A-Klassen (Jami 1/2) und 2 B-Klassen (Jami 3/4). Im Schuljahr 2014/15 wurde dieser Weg noch durch das Schulprofil „Flexible Grundschule“ erweitert.
Warum entschieden wir uns für den Weg der Einrichtung von jahrgangsübergreifenden Klassen, obwohl dies in der Öffentlichkeit und auch unter der Grundschullehrerschaft immer wieder auch kritisch diskutiert wurde und wird?
In der Organisationsstruktur der Jahrgangmischung fanden sich in der Theorie und in den Praxisberichten der von uns besuchten Schulen, aber auch in vielen innovativen Schulen in Deutschland und dem Ausland viele Chancen im Umgang mit Heterogenität, der Unterschiedlichkeit der Schüler. Beispielsweise ist am Schulanfang von einer Entwicklungsunterschiedlichkeit von 4 Jahren bei den Schulanfängern auszugehen (vgl. Brügelmann, 1998; Roßbach & Wellenreuther 2001). „ Innerhalb einzelner Klassen bedeutet dies, dass ein gleichschrittiger Unterricht […] nicht möglich ist.“ (vgl. Wehner 2015). Eine jahrgangsgemischte Klasse hat in ihrer Annahme diese Unterschiedlichkeit stets vor Augen und konzipiert den Unterricht dementsprechend.
Automatisch gehen mit dieser Veränderung eine veränderte Lehrerrolle und eine veränderte Unterrichtsarbeit einher, wie es sich im Rückblick auch für die Grundschule Schwebenried bestätigen lässt. In letzter Konsequenz mündet diese Annahme der Heterogenität unserer Schüler auch in der Umsetzung von Inklusion, die in unserem Verständnis ein Umgang mit Heterogenität bedeutet.
Die Jahrgangsmischung und jährliche Neuzusammensetzung der Klassen tragen dazu bei, dass sich keine festgefahrenen Rollenmuster in einzelnen Klassen entwickelt werden. Im Gegensatz dazu können in Jahrgangsklassen die Rollen oft so festgelegt sein, dass einzelne Schüler darunter leiden (der „Klassenclown“ bleibt dann der „Klassenclown“ oder „der Schüler, der langsam arbeitet“ bleibt „der Schüler, der immer zuletzt seine Aufgabe abgibt“, etc….) oder in ihrer Persönlichkeitsentwicklung eingeschränkt sind.
Selbstständiges und entdeckendes Lernen, eigentätige Wissensaneignung und Individualisierung der Lernprozesse sind Voraussetzung für ein erfolgreiches Lernen mit Langzeitwirkung. Sie erhalten gerade im jahrgangsgemischten Unterricht besondere Bedeutung.
Die flexible Verweildauer von 1, 2 oder 3 Jahren in einer jahrgangsgemischten Lerngruppe ohne Wechsel der Bezugsgruppe (ein Teil der Klasse bleibt immer) bzw. Lehrerwechsel erwies sich schon in vielen Lernbiografien auch an der Grundschule Schwebenried als Vorteil. Die oft berichteten Vorteile bezogen auf das Sozialverhalten wurden und werden auch an der Grundschule Schwebenried als großer Vorteil des täglichen Miteinanders betrachtet.
Bei all den Vorteilen bleibt natürlich, dass diese Neuorganisation einen hohen Anspruch an professionelles Lehrerhandeln hat und auch das Team der Grundschule Schwebenried immer wieder zur Weiter- und Konzeptionsentwicklung auffordert und vor neue Herausforderungen stellt.
Rahmenbedingungen
Die Teilungsgrenze für jahrgangsgemischte Klassen liegt bei 25 Schülern.
An der Grundschule Schwebenried haben wir mit Hilfe des Sachaufwandsträgers die räumlichen Voraussetzungen geschaffen, so dass den jeweiligen Klassen ein Gruppenraum zur Verfügung steht. Auch die Gänge werden als Lernort genutzt.
Die Klassen werden von den jeweiligen Lehrern nach pädagogischen Gesichtspunkten zusammengestellt. In den A-Klassen erhalten die Schulanfänger einen Paten, der sie in den ersten Wochen nach Bedarf in der Schule unterstützt. Dabei gewinnt der Pate an Selbstvertrauen, Verantwortungsgefühl und durchdringt seinen eigenen Lernprozess nochmals aus einer anderen Perspektive.
Je nach Zuweisung durch das staatliche Schulamt Main-Spessart stehen den jahrgangsgemischten Klassen auch weitere Lehrerstunden zur Differenzierung zur Verfügung.
Unterrichtsgestaltung in der Praxis
1. Gemeinsamer Unterricht
Alle Schüler einer jahrgangsgemischten Klasse beschäftigen sich mit demselben Unterrichtsinhalt.
2. Gemeinsamer Unterricht differenziert nach Niveaustufen
Alle Schüler arbeiten am selben Unterrichtsinhalt. Die Leistungsanforderungen sind differenziert nach Niveaustufen.
3. Lerngruppenarbeit
3.1 Lerngruppe nach Jahrgängen:
a) durch personelle Unterstützung (2 –Lehrerprinzip)
Die jahrgangsgemischte Klasse wird nach Jahrgängen durch 2 Lehrkräfte getrennt unterrichtet.
b) Abteilungsunterricht
Ein Teil (nach Jahrgang differenziert) wird von der Lehrkraft unterrichtet während eine weitere Gruppe selbstständig Aufgaben bearbeitet.
c) bei parallelen jahrgangsgemischten Klassen: Auflösung in Jahrgänge
Bei mindestens 2 parallelen jahrgangskombinierten Klassen werden die Schüler nach Jahrgängen getrennt und von den beiden Lehrkräften nach Jahrgängen unterrichtet.
3.2 Lerngruppe nach Leistungsstand
a) durch personelle Unterstützung
Innerhalb der jahrgangskombinierten Gruppen wird versucht leistungshomogene Gruppen (bis hin zur Einzelförderung) zu bilden, deren Beschulung zwischen den beiden Lehrkräften aufgeteilt wird.
b) Binnendifferenzierung
Während ein Teil der Klasse selbstständig arbeitet widmet sich die Lehrkraft Schülern mit besonderen pädagogischen und Lernentwicklungsbedürfnissen.
c) bei parallelen jahrgangsgemischten Klassen: Auflösung nach Leistungsstand
Innerhalb der jahrgangskombinierten Klassen wird versucht leistungshomogene Gruppen zu bilden, deren Beschulung zwischen den beiden Klassenlehrkräften aufgeteilt wird.
4. Planarbeit (selbstständiges Arbeiten in Wochenplänen)
In allen Organisationsformen können sich finden:
a) Unterschiedliche Sozialformen
b) Unterschiedliche Methoden (dominierend: kooperative Methoden)
c) Differenzierungsangebote
Leistungsmessung
Die Leistungsmessung findet auf dem Anforderungsniveau der jeweiligen Jahrgangsstufe gemäß dem bayrischen Grundschullehrplan statt.
Die Leistung der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf wird in Form von Förderplänen und Perspektivengesprächen individuell festgehalten.